Neue Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe an der Fakultät für Physik

Dr. Jan Wilhelm (Foto: © Jan Wilhelm)Dr. Jan Wilhelm (Foto: © Jan Wilhelm)Ultraschnelle Prozesse besser zu verstehen ist das Ziel einer neuen Arbeitsgruppe „Computational Electronic Structure Theory“ unter der Leitung von Dr. Jan Wilhelm an der Universität Regensburg. Nach einem kompetitiven Antragsverfahren werden diese Forschungen durch das renommierte Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit ca. 1,8 Mio. Euro gefördert.
Ultraschnelle Prozesse spielen eine zentrale Rolle in vielen Naturphänomenen und wichtigen technologischen Anwendungen. Zum Beispiel die Photovoltaik: Licht setzt elektrisch geladene Quantenteilchen, die Elektronen, in einer Solarzelle in Bewegung und erzeugt so letztlich Strom. Man kann den zeitlichen Ablauf der Quantenbewegung in mehrere Phasen unterteilen: In der ersten Phase erleidet das Quantenteilchen durch das Licht eine fast schlagartige Beschleunigung. Diese Phase ist entscheidend, weil darin Lichtenergie in elektrisch nutzbare Energie umgewandelt wird. Das geschieht ultraschnell, d.h. im Millionsten Teil einer Milliardstel Sekunde.
Dr. Wilhelm möchte die ultraschnelle Energieumwandlung und viele verwandte Prozesse mit Hilfe von Computersimulationen präzise analysieren. „Wir verwenden die Gesetze der Quantenmechanik, um die Bewegung der Elektronen mithilfe von eigens entwickelten Algorithmen am Computer zu berechnen und dadurch besser zu verstehen“, sagt Dr. Wilhelm. Solche Berechnungen sind extrem aufwendig und können lange dauern: Ein gewöhnlicher Laptop muss jahrelang rechnen, bis die Berechnung einer einzigen Quantenbewegung abgeschlossen ist. „Glücklicherweise gibt es große Supercomputer, die die 10.0000-fache Rechenleistung eines Laptops besitzen, sodass unsere Rechnungen nur einige Stunden auf dem Supercomputer benötigen“, erklärt Dr. Wilhelm. In der Zukunft möchte Dr. Wilhelm existierende Rechenmethoden immer weiter verbessern. „Mit den neuen Methoden können wir noch gänzlich unbekannte Phänomene untersuchen, aber auch technologisch relevante Prozesse in bisher unvorstellbarer Weise optimieren.“ Doch nicht nur darum geht es Dr. Wilhelm: „Mehr Recheneffizienz bedeutet für mich auch: Weniger Energieverbrauch, mehr Nachhaltigkeit.“
Die Anwendungsbereiche von Dr. Wilhelms Entwicklungen sind schier unbegrenzt: Ultraschnelle Elektronenbewegungen können in der Chemie oder in Quantentechnologien Anwendung finden. So könnte man chemische Reaktionen mithilfe von Licht gezielt steuern, um neue chemische Verbindungen zu synthetisieren, zum Beispiel Arzneimittel. Oder man könnte in der Quantenkommunikation den umgekehrten Prozess benutzen, also Elektronenabbremsung unter gleichzeitiger Aussendung von Licht, um mithilfe des ausgesendeten Lichts Information zu übermitteln.
Die Erforschung ultraschneller Quantenbewegungen ist dementsprechend hochaktuell und ist das Kernthema des Regensburger Zentrums für Ultraschnelle Nanoskopie (RUN), dem Dr. Wilhelm und seine Arbeitsgruppe angehören werden. „Die breite Unterstützung in der Fakultät für Physik und der Kolleg:innen im RUN hat sehr zum Erfolg bei der Einwerbung der Emmy-Noether-Gruppe beigetragen. Ich freue mich nun auf die zukünftige Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter:innen der neuen Arbeitsgruppe und natürlich auf die Kollaborationen mit den Kolleg:innen aus dem RUN und dem Sonderforschungsbereichs 1277 unserer Fakultät.“, sagt Dr. Wilhelm.
 
Zur Person
Dr. Jan Wilhelm hat in Karlsruhe Physik und Mathematik studiert und anschließend an der Universität Zürich in Theoretischer Chemie promoviert. Danach folgten zwei Jahre in der Industrieforschung bei BASF, Ludwigshafen. Seit 2019 ist er an der Universität Regensburg tätig am Institut für Theoretische Physik als Akademischer Rat in Forschung, Lehre und akademischer Selbstverwaltung. Sein Forschungsinteresse gilt ultraschnellen Prozessen in Festkörpern und Nanostrukturen, für deren Analyse er hocheffiziente Elektronenstruktur-Rechenmethoden entwickelt.
Weitere Informationen:
Webseite der Nachwuchsgruppe:
https://www.ur.de/physics/wilhelm
Informationen zum Regensburger Zentrum für Ultraschnelle Nanoskopie (RUN):
https://www.run-regensburg.com/
Informationen zum Sonderforschungsbereich 1277 „Emergente relativistische Effekte in der Kondensierten Materie: Von grundlegenden Aspekten zu elektronischer Funktionalität“:
https://www.sfb1277-regensburg.de/
 
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