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Forschungsteam findet neue Erkenntnisse zur römischen Villa Maritima

Bei den Grabungsarbeiten (Foto: ©Universität Regensburg – D. Steuernagel)Bei den Grabungsarbeiten (Foto: ©Universität Regensburg – D. Steuernagel)
dfg logo schriftzug blau (Grafik: Deutsche Forschungsgemeinschaft)Nach der großzügigen Bewilligung von Fördermitteln durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im vergangenen Jahr konnte im März 2023 die Ausgrabung einer römischen Villa an der antiken Adriaküste in Bibione (Gemeinde S. Michele al Tagliamento, Metropolregion Venedig, Italien) fortgesetzt werden. Die Grabungen sind ein wesentlicher Bestandteil eines interdisziplinär angelegten Projekts, das unter Federführung des Instituts für Klassische Archäologie der Universität Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Steuernagel von einem deutsch-italienischen Forschungsteam durchgeführt wird.
Photogrammetrische Aufnahme des Grabungsareals (Foto: ©Universität Regensburg - A. Vacilotto/G. da Villa)Photogrammetrische Aufnahme des Grabungsareals (Foto: ©Universität Regensburg - A. Vacilotto/G. da Villa)
Logo Soprintendenza Im Rahmen des Projekts sollen die erhaltenen baulichen Strukturen und die Ausstattung der Villa untersucht werden, um Rückschlüsse auf die Dimensionen und die Funktionen dieses Anwesens zu ziehen. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den ökonomischen Aspekten, mithin der Frage, welche landwirtschaftlichen oder auch maritimen Ressourcen von den Besitzern der Villa über die Zeit ihres Bestehens hinweg genutzt wurden. In diesem Zusammenhang sind die naturräumlichen Vorbedingungen und Veränderungen während des 1. bis 5. Jahrhunderts n. Chr. sowie die sich wandelnde Siedlungsstruktur im Umland von Bedeutung. Beides wird in entsprechenden Teilprojekten von Kooperationspartnern aus den Bereichen Archäologie und Geowissenschaften an der Università degli Studi Padova (Padua, Italien) untersucht. Es werden zum einen systematische Feldbegehungen zur Identifizierung von Siedlungsstellen durchgeführt; zum anderen werden Kernbohrungen vorgenommen, um Bodenprofile mit Aussagekraft für Landschafts- und Vegetationsgeschichte zu gewinnen. Das Projekt ist damit Teil eines umfassenderen Forschungskontextes, der mit der zuständigen Bodendenkmalpflegebehörde geteilt wird und der Rekonstruktion von Dynamiken der menschlichen Umgestaltung des nordadriatischen Küstenstreifens zwischen der Antike und der Nachantike dient.
Die Grabungsarbeiten dieses Frühjahrs fanden nach Erteilung einer Grabungsgenehmigung durch das Kulturministerium der Republik Italien und unter der Aufsicht und in enger Abstimmung mit der Bodendenkmalpflegebehörde (Soprintendenza Archeologia, Belle Arti e Paesaggio per l'Area metropolitana di Venezia e per le Province di Belluno, Padova e Treviso) statt.
Grabungsarbeiten (Detail) (Foto: © Universität Regensburg – A. Vacilotto)Grabungsarbeiten (Detail) (Foto: © Universität Regensburg – A. Vacilotto)
logo dBCUniPD rossoDas wichtigste Ergebnis ist die zweifelsfreie Feststellung der Südgrenze des zentralen, vorwiegend zu Wohnzwecken genutzten Baukomplexes der Villa. Von diesem waren schon bei archäologischen Forschungen vergangener Jahrzehnte einige recht luxuriös ausgestattete Räume und bei den Grabungen der Universität Regensburg 2022 die westliche Begrenzung aufgedeckt worden. Die nunmehr ausgegrabenen Räume geben deutliche Hinweise auf eine umfassende Erneuerung und Erweiterung des auf die frühe römische Kaiserzeit (1. Jh. n. Chr.) zurückgehenden Komplexes in einer zweiten, wahrscheinlich spätantiken Bauphase. An wenigstens zwei Seiten wurde dabei den älteren Strukturen ein 3,80 m breiter Arkaden- oder Säulen-Gang vorgeblendet. Die Grabungen bescherten außerdem eine reiche Ausbeute von Funden in nicht durch jüngere Eingriffe gestörten Schichten, die zeitlich von der Antike bis ins späte Mittelalter reichen und auch die nachantike Nutzung des Areals beleuchten, von der bisher so gut wie nichts bekannt war. Zahlreiche in spätantiken Bauschuttdeponierungen gefundene Dachziegel mit Fabrikationsmarken gewähren durch ihre Vielfalt einen Einblick in die finanziellen Möglichkeiten der Villeneigentümer der ersten Bauphase (d. h. des 1. Jhs. n. Chr.). Ihnen war es möglich, Baumaterial auch von recht weit entfernten Produzenten, aus dem gesamten Bogen der nördlichen Adria zu beziehen. Materialproben von Steinmaterial und Bindemitteln (Mörtel) wurden entnommen und werden nach Analyse im Labor hoffentlich weitere Erkenntnisse auf diesem Gebiet vermitteln.
Das große Interesse, auf das die Grabungen in der Region stoßen, wird nicht nur durch die unverzichtbare und unschätzbare Unterstützung von Eigentümern und Pächter des Geländes deutlich. Die Kampagne dieses Frühjahrs wurde auch durch zahlreiche Berichte in italienischen Zeitungen, Websites und Fernsehsendern begleitet. Eine Pressekonferenz mit etwa zwanzig Pressevertretern und Repräsentanten der Kommune sowie der Bodendenkmalpflege sorgte für weitere Publizität. Nicht zuletzt deswegen nutzten etwa 150 Menschen die Möglichkeit, an einem Nachmittag am letzten Wochenende vor Grabungsschluss unter Führung von Mitarbeitern des Teams sich ein Bild von den laufenden archäologischen Arbeiten zu machen.
Ziegel mit Fabrikationsmarken (Foto: © Universität Regensburg – F. Pandolfo)Ziegel mit Fabrikationsmarken (Foto: © Universität Regensburg – F. Pandolfo)
Das Projekt und seine Fortschritte kann man auch auf Kanälen der Social Media verfolgen:
“Bibione Antica: Discovering the past”
Facebook: https://www.facebook.com/profile.php?id=100088342862231
Instagram:https://www.instagram.com/bibioneantica/?fbclid=IwAR2HaBomOJ-Kr0lfuUTYLHpW9svzbNc1EZc44Fjn5XoW-BsNmUvsSAN7PtI
 
 
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