Drucken

Nach über zwei Jahren Pause zeigen zwei UR-Forscher:innen im Degginger wie unterhaltsam und spannend Wissenschaft ist

Die Uni Jazz Combo war für die musikalische Begleitung von „Uni goes Downtown“ verantwortlich.  (Foto: © Universität Regensburg/Julia Dragan)Die Uni Jazz Combo war für die musikalische Begleitung von „Uni goes Downtown“ verantwortlich. (Foto: © Universität Regensburg/Julia Dragan)
Endlich, nach über zwei Jahren coronabedingter Zwangspause ist das beliebte Live-Format „Uni goes Downtown“ in seiner dritten Auflage wieder zurück im Degginger, dem Kultur- und Kreativzentrum der Stadt Regensburg. Am Dienstagabend traf sich das Publikum, um in loungiger Atmosphäre bei Bier, Wein und Nüsschen den Vorträgen von Dr. Helena Fornwagner, Verhaltensökonomin am Lehrstuhl für empirische Wirtschaftsforschung der Universität Regensburg und Prof. Dr. John Lupton, Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Regensburg, anzuhören. Beide Wissenschaftler:innen zogen die Gäste mit ihren unterhaltsamen, etwa fünfzehnminütigen Vorträgen in ihren Bann. In den anschließenden Diskussionsrunden wurden die Fragen der Zuschauer beantwortet. Musikalisch begleitet wurde der Abend von der Uni Jazz Combo.
Dr. Helena Fornwagner bei ihrem „Uni goes Downtown“-Vortrag „Darm an Hirn – und wer entscheidet hier jetzt eigentlich?“  (Foto: © Universität Regensburg/Julia Dragan)Dr. Helena Fornwagner bei ihrem „Uni goes Downtown“-Vortrag „Darm an Hirn – und wer entscheidet hier jetzt eigentlich?“ (Foto: © Universität Regensburg/Julia Dragan)
Den Auftakt in den Abend machte die Verhaltensökonomin Dr. Helena Fornwagner mit ihrem Vortrag „Darm an Hirn – und wer entscheidet hier jetzt eigentlich?“. Jeder Mensch trifft täglich soziale und ökonomische Entscheidungen. „Bier? Wein? Nüsschen? Wie sie sehen, gibt es immer viel zu entscheiden“, begann Dr. Fornwagner daher auf der Bühne des Deggingers ihren Vortrag. Als Verhaltensökonomin interessiere sie sich von Haus aus aber vor allem für Entscheidungen bei denen Geld involviert ist. Hier habe man unter anderem im Bereich der Psychologie in den zurückliegenden Jahren bereits viele Erkenntnisse bezüglich der Ursachen für Entscheidungen sammeln können. Keine wissenschaftlich fundierten Untersuchungen gebe es hingegen zu den sogenannten „Bauchentscheidungen“, die zwar jeder kenne, jedoch niemand wisse, wie sie schlussendlich zustande kommen. Daher habe sie sich die Frage gestellt, ob es sein könne, dass diejenigen Lebewesen, die im menschlichen Darm leben, für eben diese Bauchentscheidungen verantwortlich sein könnten. Und tatsächlich. In einer weltweit ersten wissenschaftlichen Studie zu diesem Thema, konnte Dr. Fornwagner in Zusammenarbeit mit u.a. dem Verhaltensökonomen Prof. Loukas Balafoutas von der Universität Innsbruck sowie Prof. Dr. Alexander Moschen und Dr. Simon Reider vom Universitätsklinikum Linz, im Rahmen eines ökonomischen Experiments einen direkten Zusammenhang zwischen bestimmten Darmbakterien und ökonomischem Verhalten nachweisen „Wir konnten erstmals beweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Darm und bestimmten ökonomischen Entscheidungen gibt. In diesem Forschungsbereich haben wir quasi einen neuen Planeten entdeckt“, freute sich Dr. Fornwagner sichtlich. Derzeit werden noch abschließende Tests durchgeführt bevor die Ergebnisse veröffentlicht werden. Abschließend beantwortete Dr. Fornwagner zahlreiche Fragen zum Experiment selber, zu den Probanden und zu den Auswirkungen ihrer Ergebnisse, schränkte aber auch ein: „Wie bei jeder Forschung, die so neu ist, müssen wir jetzt Schritt für Schritt weiter gehen. Diese Ergebnisse sind der erste Babyschritt, mit dem wir in eine ganz neue Richtung gehen und ich freue mich darauf zu erleben, wo die Forschung hier künftig hinführen wird.“
Prof. Dr. John Lupton bei seinem „Uni goes Downtown“-Vortrag „Was uns der OLED-Fernseher über den Vogelzug verrät".  (Foto: © Universität Regensburg/Julia Dragan)Prof. Dr. John Lupton bei seinem „Uni goes Downtown“-Vortrag „Was uns der OLED-Fernseher über den Vogelzug verrät". (Foto: © Universität Regensburg/Julia Dragan)
Im Anschluss an Dr. Fornwagner ergriff Prof. Dr. John Lupton das Mikrofon und erklärte den faszinierten Zuhörern in seinem Vortrag „Was uns der OLED-Fernseher über den Vogelzug verrät", den Zusammenhang zwischen den sogenannten organischen Leuchtioden (OLED) und dem Orientierungssinn von Zugvögeln.
Wie gelingt es Vögeln, das Magnetfeld der Erde wahrzunehmen? Dem renommierten Physiker zufolge können Vögel magnetische Felder buchstäblich sehen. Mittlerweile führe die Vielzahl elektromagnetischer Strahlung sogar dazu, dass Zugvögel ihren angeborenen Orientierungssinn verlieren. Bezugnehmend auf die „Nature“-Titelstory vom Mai 2014 „Lost Bearings“ lasse sich das Phänomen der über Winter nicht mehr in den Süden ziehenden Zugvögel eher auf diesen Verlust des Orientierungssinns zurückführen, denn auf das wärmer werdende Klima. „Wenn Wissenschaftler den Vögeln dann kleine Aluhüte aufsetzen und sie vor der Strahlung abschirmen, können sie sich wieder orientieren und fliegen dann auch wieder in den Süden“, so Lupton.
Die Vögel können das Magnetfeld der Erde also tatsächlich mit ihren Augen sehen. Die Umwandlung von Licht in einen elektrischen Nervenimpuls in der Retina des Auges ist bei ihnen feldabhängig. Verblüffenderweise spiele ein ähnlicher Effekt, in umgekehrter Reihenfolge, auch bei OLEDs eine Rolle – elektrischer Strom wird in Licht verwandelt, die Helligkeit hängt vom Magnetfeld ab. So verändere sich die Helligkeit um 35 Prozent, abhängig davon ob die OLED in Richtung Norden oder Westen ausgerichtet ist, „Die Lichterzeugung hängt von der Richtung ab, relativ zum Erdmagnetfeld. Die Lichtwahrnehmung im Vogel hängt somit ebenfalls von der Richtung ab. Er sieht diese Felder“, fasste Prof. Lupton seinen Vortrag zusammen. Mit der OLED habe man also ein Modell für den Orientierungssinn von Zugvögeln entwickelt.
Nach den Vorträgen konnte das Publikum die Zeit nutzen, um mit den Wissenschaftler:innen ins Gespräch zu kommen und den Abend gemeinsam zur Musik der Uni Jazz Combo ausklingen zu lassen.
 
 
Bastian Schmidt
Kommunikation & Marketing
Universität Regensburg
Tel.: +49 (0) 941 943-5566
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!