Regensburger Wissenschaftler veröffentlichen Proteus-Effekt in „Popular Science“

Prof. Dr. Niels Henze (li.) und Martin Kocur (Foto: © Niels Henze/UR)Prof. Dr. Niels Henze (li.) und Martin Kocur (Foto: © Niels Henze/UR)
Ein Forscherteam der Universität Regensburg, rund um die Professoren Niels Henze und Christian Wolff vom Lehrstuhl für Medieninformatik hat den Proteus-Effekt, d.h. die Frage, wie in der virtuellen Realität die Darstellung und Wahrnehmung des eigenen Avatars die körperliche Leistungsfähigkeit beeinflusst, untersucht. In der Studie radelten Proband:innen auf einem Ergometer und sahen sich selbst (ihren Avatar) als mehr oder weniger sportlich. Dabei konnten signifikante Effekte auf den Pulsschlag und die wahrgenommene Anstrengung gemessen werden. Die Ergebnisse wurden erstmals auf der ACM CHI-Konferenz, der internationalen Top-Konferenz im Bereich Mensch-Maschine-Interaktion, vorgestellt und anschließend in der Zeitschrift „Popular Science“ veröffentlicht.
Avatare in der virtuellen Realität (VR) ermöglichen verkörperte Erfahrungen und lösen den Proteus-Effekt - eine Veränderung des Verhaltens und der Einstellung auf Grund des visuellen Erscheinungsbilds der eigenen digitalen Repräsentation, aus. Eine frühere Studie der Regensburger Medieninformatiker (siehe https://dl.acm.org/doi/abs/10.1145/3410404.3414261)hatte bereits gezeigt, dass Avatare, die mit physischer Stärke assoziiert werden, die wahrgenommene Anstrengung der Nutzer:innen bei der Ausführung körperlicher Aufgaben verringern können. Bislang war jedoch unbekannt, ob das Aussehen eines Avatars auch die physiologische Reaktion der Nutzer:innen auf körperliche Anstrengung beeinflusst.
In der von Martin Kocur, Mitarbeiter und Doktorand der Medieninformatik an der UR, entworfenen Studie wurde ein Experiment mit 24 Teilnehmern durchgeführt, um die Auswirkungen der Sportlichkeit von Avataren auf die Herzfrequenz und die wahrgenommene Anstrengung beim Radfahren in VR nach einem standardisierten Protokoll zu messen. Die Forscher entwarfen sechs Avatare von Männern und Frauen mit sportlichem, mittlerem und unsportlichem Körperbau. In der Studie radelten die Teilnehmer:innen auf dem Ergometer während sie Virtual-Reality-Headsets trugen. In der VR verkörperten sie jeden der drei Avatare auf einem stationären Fahrrad und radelten vor einem Spiegel, um den virtuellen Körper während der Anstrengung sehen zu können.
Die reale Welt (links) und die virtuelle Szene, bestehend aus dem nicht-sportlichen, dem mittleren und dem sportlichen Avatar (von links nach rechts) auf einem stationären Fahrrad. (Foto: © Martin Kocur/Association for Computing Machinery (ACM))Die reale Welt (links) und die virtuelle Szene, bestehend aus dem nicht-sportlichen, dem mittleren und dem sportlichen Avatar (von links nach rechts) auf einem stationären Fahrrad. (Foto: © Martin Kocur/Association for Computing Machinery (ACM))
Die Teilnehmer:innen trugen Herzfrequenzmessgeräte und bewerteten während des Fahrradfahrens regelmäßig, wie sehr sie sich anstrengten, während ihre Fahrräder ihre Trittfrequenz aufzeichneten. Im Anschluss an die Übung wurde abgefragt, wie fit die Proband:innen ihren Avatar fanden und wie sehr sie das Gefühl hatten, den Avatar tatsächlich zu verkörpern.
Im Ergebnis hatten die Teilnehmer:innen bei durchtrainierten Avataren das Gefühl, sich weniger angestrengt zu haben, und tatsächlich zeigte die Auswertung der erhobenen Daten, dass die Herzfrequenz niedriger war. Umgekehrt hatten die Teilnehmer:innen bei den unsportlicheren Avataren ein Gefühl größerer Anstrengung und faktisch eine höhere Herzfrequenz. „Diese Ergebnisse sind sehr spannend, denn sie zeigen was für einen Einfluss Avatare auf den Menschen und die physiologischen Reaktionen des Körpers haben können“ sagte Martin Kocur. Die Forscher fanden somit heraus, dass die Sportlichkeit der Avatare einen signifikanten und systematischen Einfluss auf die Herzfrequenz und die wahrgenommene Anstrengung hat.
„Nun muss es unser Ziel sein in Zukunft mehr über die Effekte zu lernen, damit wir uns diese zu Nutze machen und systematisch anwenden können, um effektivere Avatare und virtuelle Welten zu gestalten“ so Kocur. Die Arbeit leistet damit einen Beitrag zum immer populärer werdenden Bereich der VR-Fitnessanwendungen.
 
 
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