SPD-Landtagsabgeordnete Johanna Werner Muggendorfer und Ruth Müller in der Berufsschule für Physiotherapie in Bad Gögging
Eine Reform der Ausbildung und eine bessere Bezahlung für Physiotherapeuten fordert Ellen Rinderle, Chefin der Fachschule für diesen Beruf in Bad Gögging. Dafür wollen sich nun auch die beiden SPD-Landtagsabgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer und Ruth Müller stark machen, die sich dort persönlich ein Bild von der aktuellen Situation machten.
Ruth Müller, eine der vier Vertreter der SPD-Fraktion im Ausschuss für Gesundheit und Pflege, war auf Einladung ihrer Kollegin Johanna Werner-Muggendorfer aus Neustadt an der Donau (Landkreis Kelheim) von Landshut zum Ausbildungsort des Passauer Wolf Reha-Zentrums gekommen. Beide ließen sich von der Schulleiterin und Klinik-Geschäftsführer Martin Linn über die Ausbildung zum Physiotherapeuten und dessen berufliche Zukunftsaussichten informieren. Bei Letzteren sieht es gut aus, da Physiotherapeuten gefragt sind. Ellen Rinderle: „Jeder unserer Absolventen erwartet ein sicherer Arbeitsplatz.“ Aktuell gerate das allerdings zum Nachteil der Schule, betonte Martin Linn: „Jetzt, da in allen Bereichen die Arbeitsplätze gesichert sind, lässt das Interesse am Beruf des Physiotherapeuten nach.“ Das schlage sich auch in den Bewerbungen um einen Platz an der Schule nieder. Die Zeiten, da man in einem Auswahlverfah-ren die Besten aus 120 bis 130 Bewerbern aussuchen konnte, sind vorbei.
Maximal 28 Schüler können jedes Jahr die Ausbildung in Bad Gögging antreten. Sie erstreckt sich über sechs Semester und endet mit der Prüfung zum staatlich anerkannten Physiotherapeuten. Zwischen fünf und sieben der erfolgreichen Absolventen erwartet zudem eine Anstellung in einem der Häuser des Reha-Zentrums Passauer Wolf. „Wir suchen uns natürlich die Besten heraus,“ sagt dazu Martin Linn.
Auch er beklagt die mangelnde Anerkennung dieses Berufs in der Öffentlichkeit. Ellen Rinderle weiß zudem: „Nicht einmal bei den Ärzten findet er die ausreichende Akzeptanz.“ Ebenso sei es bei den Krankenkassen, die eine Behandlung durch einen Physiotherapeuten „viel zu schlecht bezahlen.“ Auch das Durchschnittsgehalt nach der dreijährigen Ausbildung mit Examen mit 20.000 Euro im Jahr fällt relativ gering aus. Martin Linn: „Viele müssen sich deshalb noch einen Nebenjob suchen.“
Für ihr Studium an einer privaten Schule wie in Bad Gögging haben sie drei Jahre lang 345 Euro im Monat bezahlt, dort aber auch eine qualitativ hochwertige Ausbildung erhalten. „Wir lassen uns dafür regelmäßig zertifizieren,“ betont Ellen Rinderle. Längst sei der Lehrplan, nach dem alle Berufsschulen für Physiotherapie ausbilden müssten, jedoch „völlig veraltet.“ Rinderle: „Den müsste man von Grund auf überarbeiten, entrümpeln und erneuern.“ Das betreffe auch das Studium, das den Weg zum Bachelor und Master öffnet. Der Schwerpunkt liegt dort derzeit auf Management nicht auf der Medizin. Für Ellen Rinderle aber verständlich: „Ein studierter Physiotherapeut wird ja nicht besser bezahlt als einer mit staatlichem Examen.“ Daher gingen die Studienabgänger vorwiegend ins Management. Die Abgänger von den Berufsfachschulen müssten sich neben ihrem Job mit magerem Verdienst dann auch noch ständig weiterbilden. „Gerade diese Seminarangebote könnten leicht in den bestehenden Lehrplan aufgenommen und Überflüssiges dafür gestrichen werden.“ fordert Ellen Rinderle.
Als „sehr aufschlussreich“ werteten die beiden SPD-Politikerinnen ihren Besuch. Ruth Müller wird den veralteten Lehrplan für die Ausbildung zum Physiotherapeuten jetzt im Ausschuss für Gesundheit und Pflege ansprechen. Gemeinsam mit Johanna Werner-Muggendorfer will sie sich im Landtag auch für mehr Anerkennung aller Berufe am Menschen und damit für eine bessere Bezahlung stark machen. Johanna Werner-Muggendorfer: „Auch als Partei in der Opposition haben wir schon einiges erreichen können, was von der Regierung später umgesetzt wurde.“
Gabriele Scholtz