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Die Weltenburger Enge steht seit vielen Jahren im Spannungsfeld von Naturschutz, Naherholungsgebiet, Tourismus und Schifffahrt mit den zusätzlichen Anforderungen des Europa Diploms und Nationalem Naturmonuments.

Die Diskussionsrunde fand auf dem Donauschiff "MS Renate" statt. (Foto: Olivia Kreyling)Die Diskussionsrunde fand auf dem Donauschiff "MS Renate" statt. (Foto: Olivia Kreyling)
Aus erster Hand informierten sich am Montag, 28. März auf Einladung der GRÜNEN Kreistagsfraktion Rosi Steinberger, Vorsitzende des Ausschusses Verbraucher- und Umweltschutz im Landtag und Stefan Schmidt, Sprecher für Tourismus der GRÜNEN Bundestagsfraktion, über die Weltenburger Enge. Renate Schweiger, Sprecherin der Weißen Flotte, und Florian Best, Tourismusverband, begleiteten die Besucher auf der Fahrt durch die Weltenburger Enge und führten in die Problematik und Thematik ein, die seit vielen Jahren die Gemüter erhitzt.

Der Donaudurchbruch wird seit 1921 motorisiert befahren und erfreut sich großer Beliebtheit bei der einheimischen Bevölkerung und v.a. auch bei Tagestouristen. Zu bestimmten Zeiten, an verlängerten Wochenenden, in den Ferien ist die Anzahl der Menschen, die auf den Wanderwegen zwischen Kelheim und Weltenburg, aber v.a. auf und im Wasser unterwegs ist, kaum zu bewältigen, so Renate Schweiger und Florian Best. Während der Woche sei es dagegen wesentlich ruhiger. Seit den Corona-Beschränkungen hätten sich vor allem die Gruppenfahrten stark reduziert, so dass die Weiße Flotte Fahrten reduziert habe. Wegen dieser Entwicklung z.B. würde man sich eine größere Flexibilität bei der Genehmigung der Fahrtenanzahl wünschen. Schweiger und Best schilderten, der Tourismus in Kelheim breche bei Niedrigwasser sofort ein, Alternativangebote wie Fahrten auf dem RMD-Kanal nach Riedenburg oder auf der Donau nach Regensburg würden nur sehr zögerlich angenommen. Auf der Komandobrücke der MS Kelheim konnten die Gäste nicht nur den beeindruckenden Blick auf den Durchbruch bewundern, sondern die ganze Bord-Technik. Insgesamt, so Schweiger, sei die Weiße Flotte eine moderne Flotte, Baujahr der MS Kelheim 2016, der MS Renate 2018, die mit bis zu 700 Personen auch barrierefrei befördern könnten.
Sehr offen schilderte Renate Schweiger gemeinsam mit Andreas Schweiger im anschließenden Gespräch auf der MS Renate die Probleme dieses Schiffes, das angeschafft worden war, um auch bei niedrigerem Pegelstand fahren zu können. Leider sei das Schiff 30t schwerer als beauftragt und habe deshalb mehr Tiefgang als gewünscht, so dass der Pump-Jet-Antrieb besonders bei Niedrigwasser durch den Sog für starke Verwirbelung sorge und somit die Donau-Fauna extrem belaste. Beide drückten ihre Enttäuschung und Verärgerung über die Nichteignung des neu gebauten Schiffes aus, das speziell für die Situation in der Weltenburger Enge gebaut wurde, auch hinsichtlich der in den letzten Jahren vermehrten Niedrigwasserstände. Sie sind bereit die alte „Renate“ zu verkaufen und eine neue “Renate“ mit Elektroantrieb anzuschaffen, die auch die Bedingungen für niedrigere Pegel und darüber hinaus für eine umweltverträglichere Antriebsform erfüllen solle. Da eine reiner Elektroantrieb bei der Flussgeschwindigkeit nicht ausreiche, werde es eine Hybridlösung geben. Die zusätzlichen Kosten würden sich auf 1,5 bis 2 Millionen Euro belaufen. MdB Stefan Schmidt versprach, sich bei den verantwortlichen Stellen dafür einzusetzen, dass die Fördersumme erhöht werde und die Förderrichtlinien zukünftig nicht nur den Güterverkehr, sondern auch die Personenschifffahrt bei Umrüstungen oder Neubau von Schiffen mit ökologischen Antrieben berücksichtigen. Voraussetzung sei allerdings, dass der E-Antrieb mehr als 50%, wünschenswert bis 80%, ausmache.
Nach der detaillierten technischen Information über die geplante Elektrifizierung einer neuen „Renate“ begrüßte Richard Zieglmeier als Moderator zu einer Dialogrunde noch Konrad Pöppel, Vorsitzender der Kreisgruppe Kelheim des Bund Naturschutz und Bernhard Petz, Sprecher der Zillenfahrer. Mit Zieglmeiers Einstiegsfrage wie die Dialogteilnehmer bewerten, dass seit Dezember 2020 immer noch keine ordentliche Ausnahmegenehmigung für die Befahrung der Weltenburger Enge vorliege, kam die Diskussion schnell in Fahrt. Renate Schweiger meinte, die Diskussion über das Nationale Naturmonument habe die Genehmigungen verzögert. Es seien von Seite der Schifffahrt keine gravierenden neuen Forderungen gestellt worden, keine Fahrtenmehrungen, lediglich eine Erhöhung der Geschwindigkeit flussabwärts. Die genehmigten 5 km/h von 2012 könnten nicht eingehalten werden, da durch die Strömung ohne Motor bereits bis zu 9,5km/h über Grund erreicht würden. Auf einem kurzen Abschnitt zwischen Kloster und „Jungfrau“ wären13 km/h für die Manövrierfähigkeit notwendig, im Anschluss würden dann wieder 10km/h ausreichen. Alle Daten würden genau aufgezeichnet und seien immer überprüfbar. Konrad Pöppel stellte klar er, sein Interesse gelte vor allem dem Naturschutz, den Schutzgütern der Weltenburger Enge. Er wies darauf hin, dass bei den vorliegenden Gutachten wie z.B von Dr. Zauner die Ergebnisse nur auf Beobachtungen beruhten, es fehlten wissenschaftliche Untersuchungen zu den Auswirkungen der Geschwindigkeit, des Wellengangs und des Tiefgangs der Schiffe auf Fische, aber auch auf Muscheln, Schnecken, die gesamte Unterwasserfauna. Er stellte die Frage, ob die kleineren Schiffe früher nicht besser gewesen seien. Schweiger antwortete, früher seien wesentlich mehr Fahrten durchgeführt worden, der Tiefgang sei besser gewesen, aber insgesamt habe sich die Donau, was die Pegelstände und auch die Wassertemperatur betreffe, stark verändert.
Bernhard Petz brachte die positive Nachricht, der Genehmigungsbescheid für die Zillen läge seit letzter Woche vor. Er wies nochmals darauf hin, dass nie eine Fahrtenerhöhung auf 30 Fahrten pro Zille pro Tag, entspräche 180 Fahrten, gefordert waren. Wie zuvor seien 30 Fahrten am Tag auf 6 Zillen verteilt gefordert worden, es habe sich um ein Missverständnis gehandelt. Die Klage des Landesfischereiverbandes ruhe nun, allerdings werde noch geprüft, ob die Festlegung der Geschwindigkeit entsprechend berücksichtigt wurde. Auch die Zillenfahrer müssten ihre Geschwindigkeiten aufzeichnen, so Petz, was per GPS ausgeführt werde. Auf einen Widerspruch wies er kritisch hin, Fischer, die mit der Zille im Durchbruch fischten, müssten keine Geschwindigkeitsbegrenzung einhalten.
Rosi Steinberger wurde mit der Frage konfrontiert, warum Genehmigungen häufig so lange dauerten. Sie räumte ein, das sei meist nicht zu verstehen, aber leider schwer abzustellen. Nun läge ja der Entwurf einer neuen Verordnung für das Naturschutzgebiet und der Entwurf einer Ausnahmegenehmigung für die Schifffahrt vor, die besonders sorgfältig die Forderungen der Naturschutzverbände, die naturschutzfachlichen Kriterien für ein Naturschutzgebiet, ein Nationales Naturmonument, für die Weiterführung des Europa Diploms und die touristischen Herausforderungen berücksichtigen müsse.
Die Kritik und die Forderungen vom Gutachter des Europarats, Robert Brunner, wurden von den Anwesenden unterschiedlich bewertet. Schweiger betonte, nicht nur die Schifffahrt und die Zillen hätten Auswirkungen auf die Flussfauna, auch die vielen Kanu- und Schlauchbootfahrer stellten eine Belastung dar, ebenso die Wasserentnahmen an der Donau flussaufwärts, die Wasserqualität und -temperatur insgesamt. Pöppel wies darauf hin, dass das Brunner-Gutachten wichtige Beobachtungen und Forderungen enthalte, da es aber nur auf Englisch vorliege, noch genau zu lesen und juristisch korrekt zu interpretieren sei. Er sei der Auffassung, insgesamt müssten alle Kiesbänke in der Weltenburger Enge geschützt werden. Inwieweit der Schifffahrt die Rolle der Besucherlenkung zufalle, darauf konnten sich die Diskutanten nicht einigen. Einigkeit herrschte allerdings, dass das Europa Diplom erhalten bleiben müsse.
Richard Zieglmeier bedankte bei allen für die Teilnahme und den offenen Dialog, der dringend weitergeführt werden müsse. Als Gastgeberin bedankte sich auch Renate Schweiger, es sei immer besser miteinander als übereinander zu reden.
 
 
Kelheim, 30.3.2022 Christiane Lettow-Berger
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