Drucken

Zu bemängeln ist dabei, dass die Ermittlungsbehörden offensichtlich nur der Arbeitshypothese „Korruption im Rathaus“ gefolgt sind und entgegenstehende Aspekte entweder gar nicht erst ermittelt oder schlicht ausgeblendet haben. Dies lässt sich nicht zuletzt der völlig unzureichenden Auswertung durchgeführter Telefonüberwachung entnehmen, in der auch der verfassungsrechtlich geschützte Kernbereich privater Lebensführung in inakzeptabler Weise missachtet worden ist. Intime Gespräche Beteiligter wie auch Verteidigergespräche wurden nicht nur aufgezeichnet, sondern entgegen den klaren gesetzlichen Vorgaben auch nicht gelöscht. Im Übrigen bestimmen sinnentstellende Verschriftungen aufgezeichneter Telefonate durch die Polizei erkennbar die Einschätzung der Staatsanwaltschaft, die ganz offensichtlich auf eine eigene Prüfung verzichtet hat.

Aus rechtlichen Gründen heißt, dass die Staatsanwaltschaft den mit ihrer Anklage präsentierten Sachverhalt aus Sicht der Verteidigung fehlerhaft unter die geltenden rechtlichen Bestimmungen subsumiert. So hat die Staatsanwaltschaft aus Sicht der Verteidigung etwa hinsichtlich des Vorwurfs der Vergabe des Nibelungenkasernenareals an einen namhaften Spender aus dem Kommunalwahlkampf 2014 nicht in gebotener Weise berücksichtigt, dass der Bundesgerichtshof für Strafsachen bereits im Jahr 2004 eine wesentliche tatbestandliche Einschränkung der Korruptionsdelikte in Zusammenhang mit der nicht nur erlaubten, sondern verfassungsrechtlich sogar erwünschten Einwerbung von Wahlkampfspenden vorgenommen hat. Entsprechend ist es bei der rechtlichen Bewertung von Wahlkampfspenden geboten, dem besonderen Spannungsverhältnis Rechnung zu tragen, in dem sich ein Oberbürgermeister als Amtsträger zwangsläufig befindet, der im Rahmen seiner Dienstausübung Entscheidungen ausschließlich im Interesse der Stadt zu treffen hat, und zwar auch dann, wenn diese Entscheidungen Unterstützer seines Wahlkampfes betreffen sollten oder etwa Förderer von Sportvereinen.

Aus Sicht der Verteidigung kann bei gebotener Berücksichtigung der rechtlichen Vorgaben und der in diesem Zusammenhang thematisierten tatsächlichen Gegebenheiten ein strafrechtlich relevanter Vorwurf gegen Oberbürgermeister Wolbergs nicht erhoben werden.

München, 02.11.2017

Gez.

Peter Witting
- Rechtsanwalt -