Gemeinde Mauth gilt als Musterbeispiel – Einheimische nutzen Angebot und verkaufen Häuser

Bürgermeister Ernst Kandlbinder (r.) erklärte Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich das Konzept des sozialen Wohnungsbaus in Mauth. (Foto: Lang/Bezirk Niederbayern)Bürgermeister Ernst Kandlbinder (r.) erklärte Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich das Konzept des sozialen Wohnungsbaus in Mauth. (Foto: Lang/Bezirk Niederbayern)Das Bild ähnelt sich in vielen Gemeinden in Niederbayern: Die Kinder sind aus dem Haus, die Eltern werden älter und weil keiner der Nachkommen mehr zurückkommt, lebt die Mama oder der Papa irgendwann allein in einem riesigen Haus. Die Gemeinde Mauth im Landkreis Freyung-Grafenau hat hier nun ein Zeichen gesetzt und bewiesen, dass sozialer Wohnungsbau auch auf dem Land funktioniert.
Die zuständige Mitarbeiterin für Wohnungsbauförderung an der Regierung von Niederbayern hatte Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, zugleich Bürgermeister der Kreisstadt Freyung, von dem Projekt vorgeschwärmt. Grund genug für Heinrich, sich das Konzept vor Ort anzusehen. Nach der Schließung der Jugendherberge in Mauth hatte die Gemeinde im März 2015 zu Beginn der Flüchtlingskrise das Gebäude gekauft, auch um einen zweifelhaften Investor zu verhindern. Vier Jahre lang betrieb dann die Caritas dort eine Unterkunft für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Währenddessen konkretisierte sich das gemeindliche Vorhaben heraus, in dem Gebäude Wohnungen zu günstigen Mietpreisen zu bauen. Der Vorteil: Die Kommune muss damit kein Geld verdienen. „Wir profitieren auf ganz andere, vielfältige Weise“, sagt Bürgermeister Ernst Kandlbinder. Die elf Wohnungen mit 35 bis 80 Quadratmetern wurden von älteren Einheimischen bezogen, die ihre Häuser wiederum verkauften. „Dies ist für die Gemeindeentwicklung hervorragend, weil damit die früher oder später notwendige Ausweisung von Neubaugebiet auf der grünen Wiese unnötig wurde – und die Nachfrage nach Baugrund ist nach wie vor hoch“, weiß Olaf Heinrich. Nicht umsonst ist dieser sogenannte „Remanenzeffekt“, also das Verbleiben in Häusern, obwohl diese für die jeweilige Lebenssituation nicht mehr geeignet sind, einer der Hauptgründe für Flächenverbrauch und Zersiedelung im ländlichen Raum.
Für den Bürgermeister ist es zudem wichtig, dass die Menschen vor Ort dem Sozialgefüge erhalten bleiben. „Die Leute sind hier zur Schule gegangen, sind in Vereinen oder Freundeskreisen verwurzelt – wenn sie später einmal in eine betreute Wohneinrichtung in einer anderen Gemeinde müssen, dann fehlen sie bei uns sehr.“ Umso besser ist es, sie solange es geht, vor Ort zu halten. Und genau dies funktioniert in den barrierefreien Wohnungen in der ehemaligen Jugendherberge, von der aus die Einkaufsläden, Arztpraxen, Cafés und die Bushaltestelle fußläufig erreichbar sind. „Jeder hat seinen Bereich, aber es gibt pro Stockwerk auch einen Gemeinschaftsraum, der für Besuche oder gemeinsame Abende genutzt wird“, erklärt Kandlbinder. Und noch einen Trumpf hat das Haus im Ärmel: Im ausgebauten Dachgeschoss sind bereits zwei kleine Appartements vorgesehen, die später einmal – wenn der Bedarf da ist – für ein oder zwei Betreuungskräfte genutzt werden können. Die Kosten können sich dann die Bewohner unter Umständen teilen, was bei der aktuellen Diskussion um den Minderlohn für Pflegekräfte aus dem europäischen Ausland ein schlagkräftiges Argument werden könnte.
Eine Hürde galt es aber für den Bürgermeister noch aus dem Weg zu räumen. Wie sollte er es schaffen, dass tatsächlich Einheimische das Angebot nutzen? „Zum Glück haben wir zwei gut frequentierte Seniorentreffs in unserer Gemeinde. Wir haben dort das Projekt vorgestellt und wenige Tage später waren die Wohnungen weg“, freut sich Kandlbinder, der damit nicht nur ein vollbelegtes Haus im Ortzentrum hat, sondern auch einige Häuser, die nun von jungen Familien aus der Region erworben werden können, die sich sonst aber vielleicht keinen Neubau hätten leisten können.
Eine Win-Win-Situation für alle – nicht zuletzt für die Natur, meint Olaf Heinrich: „Während die Siedlungen außen immer größer werden, sterben viele Ortskerne mehr und mehr aus. Oftmals geht dort vor allem auch die Wohnnutzung zurück. Dieses Projekt zeigt, dass es anders gehen kann. Und statt eines neuen Baugebietes samt Wasser- und Kanalleitungen kann die grüne Wiese weiterhin auch grüne Wiese bleiben.“
– ml –
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