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Politikkenner sprach beim Abensberger Unternehmer-Frühstück

Teilnehmer am Unternehmer-Frühstück in Abensberg (Foto: Ingo Knott/Stadt Abensberg)Teilnehmer am Unternehmer-Frühstück in Abensberg (Foto: Ingo Knott/Stadt Abensberg)
Abensbergs Erster Bürgermeister Dr. Uwe Brandl (Foto: Ingo Knott/Stadt Abensberg)Abensbergs Erster Bürgermeister Dr. Uwe Brandl (Foto: Ingo Knott/Stadt Abensberg)Das Abensberger Unternehmer-Frühstück hat nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause wieder stattgefunden. Bei herrlichem Wetter kamen am Samstag (25. Juni 2022) rund 60 Unternehmer und weitere Gäste auf Einladung der Volkshochschule im Kreuzgang der Stadt Abensberg zusammen. Gastredner war Professor Dr. Günther Schmid; der internationale Politik-Kenner begeisterte bereits 2018 mit seinem Vortrag in Abensberg. Hatte er damals unter der Überschrift „Weltpolitik in der Zeitenwende und die Folgen für Deutschland“ auch die Erosion des transatlantischen Verhältnisses beklagt, sprach er nun über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen. Eine der zentralen Fragen: „Bringt Deutschland den langen Atem auf, die weit reichenden Folgen zu tragen?“ In einem Deutschland, das sich „von einer Wohlstands- in eine Wohlfühlgesellschaft“ entwickelt habe, habe er seine Zweifel. Politik aber beginne mit dem „Anerkennen der Wirklichkeit“.
Nahe an diesem Zitat von Helmut Schmid war auch Abensbergs 1. Bürgermeister Dr. Uwe Brandl in seinem Grußwort: „Schneller, höher, weiter ist vorbei.“ Es gelte vielmehr, die Bevölkerung auf kommende Herausforderungen einzustimmen. Dazu gehöre auch, dass nicht alles finanzierbar sei – auch wenn in der Bundespolitik dieser Anschein erweckt werde. Dr. Brandl warnte vor einem ähnlichen Verhalten im kommunalen Bereich: „Es kann keine Lösung sein, Schulden anzuhäufen.“
Professor Dr. Günther Schmid (Foto: Ingo Knott/Stadt Abensberg)Professor Dr. Günther Schmid (Foto: Ingo Knott/Stadt Abensberg)„Kriege waren für uns Terra Incognita, ein unbekanntes Gebiet“, so Professor Schmid. „Seit dem 24. Februar ist er da.“ Deutschland und Europa stünden vor einer vierfachen Zäsur: Das Ende der längsten Friedensperiode der neueren Geschichte Europas, das Ende der liberalen, regelbasierten europäischen Friedensordnung, das Ende der Illusion „Wandel durch Handel“ und „das Ende der deutschen Russlandpolitik: Es wird keine Sonderrolle für Deutschland mehr geben.“ Aus Sicht Putins habe der Westen aus Kiew „ein Anti-Russland gemacht“. Die Wehrhaftigkeit der Bundeswehr jedenfalls sieht Schmid nicht: „Schon 1995 gab es einen 30 Milliarden-Rückstau. (…) Seit 1995 wissen wir, dass wir nicht verteidigungsfähig sind.“
Für den Professor ist „die Schlüsselfrage: Kann Deutschland diesen Krieg verkraften? Wird die Bevölkerung das teilen?“ – Er hat Zweifel: „Der Trend geht in Richtung Achtsamkeit, Inklusion – Feindbilder soll es nicht geben.“ Und dass diese „Wohlfühlgesellschaft Atomdrohungen nicht aushält“, habe sich bereits bewiesen – Schmid: „Sechs atomare Warnungen von Putin, kein europäisches Land juckt es, aber den Deutschen flattern die Hosen.“ Das sei zielgerichtet: „Niemand kennt die deutsche Seele besser als Putin“, so Schmid. Er zeichnete ein Bild des ehemaligen KGB-Mannes, der in Dresden Abensbergs Zweiter Bürgermeister, Dr. Bernhard Resch, dankt Professor Günther Schmid für seinen eindringlichen Vortrag (Foto: GÜNTHER HAUKE)Abensbergs Zweiter Bürgermeister, Dr. Bernhard Resch, dankt Professor Günther Schmid für seinen eindringlichen Vortrag (Foto: GÜNTHER HAUKE)gelebt und dabei den Verfall der DDR nach Moskau melden musste. „Die Antwort war: bei uns zerfällt auch alles“, so Schmid. Dieser „Zerfall“ ziehe sich durch alle Reden Putins, durch sein Denken und Handeln. „Der Abfall der Ukraine aus dem Staatsverbund ist für Putin ein Irrtum der Geschichte“, so Schmid. Überhaupt „leidet er an postimperialen Phantomschmerzen.“ Der „Großangriff“, so Schmid, sei „klasse terminiert“: „Die USA waren durch den Afghanistan-Abzug geschwächt, es gab keine einheitliche Position zu Nord Stream II, England befand sich noch im Brexit-Streit, Frankreich im Wahlkampf, Polen und Ungarn demontierten die EU und in Deutschland herrschte eine Merkel-Lücke.“ Professor Schmid: „Er hat den richtigen Zeitpunkt gewählt.“
Wie kann, muss man dem begegnen? Deutschland sei da „gespalten: 50 Prozent der Bevölkerung seien „für den harten Kurs der Regierung, 43 Prozent sind eher zurückhaltend.“ Er schloss mit einem Zitat von Henry Kissinger: „Wenn sich eine Demokratie eine existenzielle Bedrohung nicht mehr vorstellen kann, ist sie nicht mehr lebensfähig.“ Abensbergs 2. Bürgermeister Dr. Bernhard Resch dankte VHS-Leiterin Katrin Koller-Ferch (Foto: Ingo Knott/Stadt Abensberg)VHS-Leiterin Katrin Koller-Ferch (Foto: Ingo Knott/Stadt Abensberg)dem Gastredner herzlich und schloss sich dem Roten Faden, der sich durch die Reden zog, an: „Wir können keine Luftschlösser mehr bauen.“ Eine Begleiterscheinung der Corona-Pandemie herrsche vor: „Egal, was daherkommt, es wird bezahlt. Das wird nicht ewig so weiter gehen.“
Zur Eröffnung sprach vhs-Leiterin Katrin Koller-Ferch. Sie freute sich, dass so viele Geschäftsinhaber und Unternehmer der Einladung gefolgt sind und dankte dem Berufsbildungswerk St. Franziskus in Abensberg für das Buffet, das den Gästen nach dem Vortrag präsentiert wurde. Im Innenhof des Kreuzgangs wurde ausgiebig diskutiert.
 
 
Ingo Knott
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